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„Resolution Kein Raum für Antisemitismus in Köln! Für eine solidarische Stadtgesellschaft!

Meine Rede im Wortlaut: Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Möller, vielen Dank für Ihre Worte. Ich möchte mich dem, was Sie gesagt haben, vollumfänglich und ohne Abstriche anschließen. Wir müssen uns vor Augen führen, warum wir das Thema gerade jetzt besprechen müssen und in welcher Lage wir hier in der Stadt Köln, aber auch generell sind. Wenn die Süddeutsche Zeitung antisemitische Karikaturen abdrucken darf, für die sie sich hinterher nur halbherzig entschuldigt, oder wenn der Musikpreis „Echo“ an Antisemiten geht, dann müssen wir uns schon fragen, was in dieser Gesellschaft passiert und wofür hier wieder der Boden bereitet wird.

Für uns in der Stadt Köln hat das schon Relevanz. 1.700 Jahre jüdisches Leben in der Stadt Köln: Das geht zurück bis in die Zeiten Kaiser Konstantins. Wir haben hier eine aktiv lebende jüdische Gemeinde in der Stadt Köln. Wir sind verantwortlich, dass wir hier ein gutes Miteinander und ein gutes Zusammenleben haben. Auch wenn es hier aktuell keine Angriffe gibt wie etwa in Berlin, müssen wir sensibel sein. Es geht nicht nur um den Schutz von Menschen jüdischen Glaubens bei uns in der Stadt, sondern auch darum, was das mit unserer Gesellschaft macht. Ich hatte die Freude und die Ehre, vor ein paar Tagen den Botschafter des Staates Israel kennenlernen zu dürfen. Er sagte: Antisemitismus ist ein Angriff auf die Natur einer demokratischen Gesellschaft. Antisemitismus bedroht Europa und Deutschland. Es geht nicht nur um den Schutz der Menschen, sondern es geht auch um die Glaubwürdigkeit unserer Gesellschaft. Deswegen stellen wir uns gegen Antisemitismus.

(Beifall)

Die demokratischen Fraktionen und Gruppen und die Fraktion DIE LINKE haben in diesem Antrag ausgedrückt: Wir verurteilen jede Form von Antisemitismus. Für uns ist jede Form von Antisemitismus beschämend, gleichgültig ob strafbar oder nicht, gleichgültig ob politisch, religiös oder rassistisch motiviert. Meine Vorrednerin hat es schon ausgeführt: Bei Antisemitismus geht es um die pauschale Abwertung des Staates Israel, wo Israelkritik nur ein Deckmantel ist. Es geht um die Infragestellung des Existenzrechts eines jüdischen Staates Israel. Es geht um Boykottkampagnen, Ablehnung erinnerungskultureller Verantwortung, Doppel-standards und die Verharmlosung von antisemitischem Terror. Während unserer Beratungen und als ich mich mit dem Thema noch einmal näher beschäftigt habe, ist mir eine Sache aufgefallen, über die ich auch ganz selbstkritisch nachdenken musste.

Ich glaube, wir müssen bei zwei Punkten sensibel sein: erstens dass wir das Wort „Antisemitismus“ und den Vorwurf des Antisemitismus nicht missbrauchen, um die eigene politische Agenda durchzusetzen, und zweitens dass wir Antisemitismus auch da wahrnehmen, wo wir ihn nicht wahrnehmen wollen. Dazu möchte ich Ihnen zwei Beispiele nennen:

Erstens: die Haltung zum Staat Israel. Da kann ich Ihnen für meine Person und für die CDU sagen: Wir stehen fest an der Seite, wir stehen fest zur Freundschaft der Bundesrepublik Deutschland zum jüdischen - explizit: zum jüdischen - Staat Israel. Da gibt es gar kein Vertun.

(Beifall bei der CDU und dem Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Teilen der SPD)

Gleichwohl, sosehr es mir auch nicht behagt - eine antikapitalistisch, antiimperialistisch, linksbewegte Bewegung passt schon mal nicht zu meinem Habitus und auch nicht zu meiner politischen Orientierung, sie behagt mir auch rein objektiv politisch nicht -, muss ich wirklich aufpassen, einer Bewegung, die die israelische Politik kritisiert, nicht sofort Antisemitismus vorzuwerfen. Da muss ich mich ganz vornehm zurücknehmen. Gleichzeitig darf man die Augen nicht davor verschließen, was da passiert. Zum Thema BDS hat Frau Möller schon ausgeführt. Ich darf dazu den Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland Dr. Felix Klein zitieren - zu BDS gibt es nicht viele Meinungen -: BDS ist eine hochgefährliche Form des Antisemitismus. Punkt.

(Beifall bei der CDU und dem Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Teilen der SPD)

Beispiel zwei betrifft - auch das hat meine Vorrednerin ansatzweise angesprochen - die Migration aus dem arabischen Raum. Auch da stellt sich die Frage der Glaubwürdigkeit. Benutzt man den Vorwurf des Antisemitismus, um eine politische Haltung zu diskreditieren? Da will ich Ihnen ganz ehrlich sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD: Ich kaufe Ihnen nicht ab, dass Sie Ihre restriktive Flüchtlingspolitik mit Verweis darauf, Jüdinnen und Juden in Deutschland schützen zu wollen, durchsetzen wollen. Ich kaufe Ihnen das keinen Millimeter ab, wenn Spitzenvertreter Ihrer Partei gleichzeitig von einem „Schuldkult“ und einem „Mahnmal der Schande“ sprechen. Ich glaube Ihnen davon nichts, sondern ich glaube, dass Sie das missbrauchen.

(Beifall bei der CDU, dem Bündnis 90/Die Grünen und der FDP sowie bei Teilen der SPD)

Ich spüre geradezu schmerzhaft, wie die Abwehrreflexe gegenüber der AfD in mir wachsen. Gleichzeitig muss man anerkennen: Wir müssen mit Blick auf die Migration aus dem arabischen Raum genau hinschauen. Es gibt keinen dezidiert muslimischen Antisemitismus. Schauen wir uns doch die Staaten an, die muslimisch sind! Da gibt es nicht diesen theologisch untersetzten muslimischen Antisemitismus, der nun auch zu einer Gefahr hier in Deutschland wird. Was wir auf der Weltkarte sehen können, ist, wie viele Kilometer ein Staat und seine Menschen, die auch hierher kommen, entfernt sind vom Staat Israel. Das hat eine geopolitische Bedeutung. Diese wiederum hängt mit einer muslimischen Sozialisation oder einer muslimisch-staatlichen Doktrin zusammen. Das müssen wir Demokraten - bei aller Abneigung gegenüber der AfD - durchaus ernst nehmen, um daraus konkrete Flüchtlingspolitik zu machen.

(Beifall von Christian Joisten [SPD])

Was bedeutet das konkret für uns in Köln? Ich glaube, es gibt drei Bereiche, in denen wir konkret etwas machen können.

Erstens: im Bereich Migration und Flüchtlinge. Ich rufe alle Fraktionen und auch die Verwaltung dazu auf: Lassen Sie uns - wie ich auch - Gedanken darüber machen, wie wir Flüchtlingshelfer, Ehrenamtliche und Hauptamtliche, unterstützen und befähigen können, speziell auf Antisemitismus zu reagieren.

Zweitens: das Bundesprogramm „Demokratie leben!“. Köln ist im Rahmen dieses Programms schon sehr aktiv. Die Fach- und Koordinierungsstelle ist, wenn ich richtig informiert bin, bei der AWO Köln angesiedelt. Das schon laufende Programm wird derzeit weiterentwickelt. Ich würde die Verwaltung bitten, frühzeitig Kontakt aufzunehmen und zu prüfen, ob die Stadt Köln dafür Fördermittel bekommen kann. Wenn ja, sollten diese mit kommunalen Mitteln flankiert werden. Da wird es kaum um größere Beträge gehen.

Der dritte und letzte Impuls, den ich hier geben und für den ich werben möchte: Wir haben vor zwei Jahren das Thema Städtepartnerschaften hier in den Rat der Stadt Köln eingebracht. Die Verwaltung ist gerade dabei, das noch einmal zu überarbeiten. Da ist einiges in Bewegung. Ich möchte hier den Impuls setzen, in ganz besonderer Art und Weise den Jugendaustausch zwischen Köln und Tel Aviv zu stärken und exklusiv Programme aufzulegen, die sich auch im Städtepartnerschaftsprogramm wiederfinden. Dem Jugendaustausch zwischen Köln und Tel Aviv sollte dort eine ganz besondere Stellung zukommen.

- Vielen Dank. (Beifall)

Bild: originally posted to Flickr as Israel - Boycott, divest, sanction; Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 generisch“ (US-amerikanisch) lizenziert. Urheber: Takver


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